
Zitate der Fokusveranstaltung
„Ökonomische Zwänge hat jeder Arzt. Spätestens, wenn man seine eigene Praxis aufmacht, muss man wirtschaftlich mit den Ressourcen umgehen…
ALM – Akkreditierte Labore in der Medizin e.V.
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ALM aktuell 12/2019 zur fünften Fokusveranstaltung des ALM e.V. am 04.11.2019
Wie sieht die Zukunft des Arztberufes aus? Können angestellte Ärzt*innen frei handeln? Was bedeuten Ärzt*insein und Freiberuflichkeit in dem heute durch Ökonomisierung beeinflussten Gesundheitswesen? Diesen Fragen stellten sich Anfang November in Berlin die Referentinnen und Referenten der fünften Fokusveranstaltung des ALM e.V.
Cornelia Wanke und Dr. Michael Müller
Der fachärztliche Berufsverband leistete damit einen wichtigen Beitrag im Diskurs zur immer wieder diskutierten ärztlichen Freiberuflichkeit im Spannungsfeld mit der Ökonomisierung der Medizin. Am Ende waren sich die Redner*innen und Gäste auf dem Podium einig: Das aktuelle Bild der Ärzt*in wird und sollte sich auch ändern. Die Freiberuflichkeit einer Ärzt*in hängt jedoch nicht davon ab, ob er in Niederlassung oder in Anstellung arbeitet. „Wichtig ist, dass der Arzt selbst frei bleibt in seiner Entscheidung, das für den Patienten Beste zu tun“, stellte Prof. Giovanni Maio, Medizinethiker von der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg fest.
Maio betonte, man müsse die Medizin wieder in ihrer Vielschichtigkeit begreifen. Ärzte bräuchten eine „Komplexitätsbewältigungskompetenz der Medizin“. Die Ärztlichkeit sei durch das Setzen falscher Anreize entwertet worden: „Regeln aus der industriellen Logik, aus der Produktionslogik, werden auf die Medizin übertragen. Als ob es darum ginge, einen Patienten so schnell wie möglich durch vorgefertigte Abläufe hindurchzuschleusen“, kritisierte der Medizinethiker. Diese Anreize einer Verbetrieblichung führten zu einer Deformierung der Medizin – „als ginge es bei ihr um die fließbandartige Produktion“. Diese Anreize seien politisch gewollt und die Medizin würde dadurch „deakademisiert“.
Prof. Maio weiter: „Ich sehe mit Sorge, dass unter diesem System, das darauf ausgerichtet ist, so schnell, so viel, so uniformiert wie möglich zu versorgen, das, was der Arzt eigentlich leistet, komplett abgewertet wird. „Medizin ist kein Denkfehler, sie ist eine medizinische Praxis. Sie ist die Verwirklichung einer Sorgekultur. Diese Sorgelogik steht tagtäglich im Spannungsfeld zur betrieblichen Logik.“
„Es ist gut und wichtig, dass wir als Berufsverband der Fachärzte im Labor diese Fragen aufgreifen“, betonte Dr. Michael Müller, 1. Vorsitzender des ALM e. V. „Wir wollen bei dieser Diskussion mitreden und wichtige Impulse setzen.“ Nicht zuletzt auch deshalb, weil im Bereich Labor die Zeichen immer wieder auf Konsolidierung und Effizienzsteigerung stehen. „Wir als Laborärzte vergessen bei all den Fragen um Ressourcenallokation, Einsparmöglichkeiten und Wirtschaftlichkeitsbonus nicht, dass wir Medizin für den Menschen machen“, so Müller.
Neue Impulse setzte der fachärztliche Berufsverband auch, indem er junge Ärztinnen und Ärzte aus dem Labor bei ihrer täglichen Arbeit filmisch und dann auf dem Podium auch persönlich vorstellte: Dr. Philipp Demmer, Facharzt für Humangenetik in Potsdam, Lukas Wagner, Arzt in Weiterbildung für das Fachgebiet Laboratoriumsmedizin in Berlin und Franziska Wiebesiek, Fachärztin für Laboratoriumsmedizin in Bielefeld.
„Ich empfinde die Arbeit als angestellter Arzt sogar als freier, weil ich mehr Möglichkeiten habe und mich zum Beispiel nicht um Abrechnungsfragen kümmern muss“, erklärte Dr. Philipp Demmer bei der anschließenden Diskussion. Franziska Wiebesiek genießt „die maximale Entlastung von nicht ärztlichen Tätigkeiten. Das empfinde ich als sehr frei. Denn ich kann mich fast ausschließlich mit medizinischen Fragestellungen befassen und habe so indirekt sehr viel Zeit für die Patienten.“ Lukas Wagner meinte: „Die jungen Ärzte wollen sich bewusster für ihre Fachrichtung und die Form, in der sie arbeiten, entscheiden.“ Letztlich bekräftigten die drei jungen Ärzt*innen unisono: „Wir arbeiten angestellt – und gerade deswegen sehr frei!“
„Der beste Arzt ist der, bei dem sich der Patient gut aufgehoben fühlt“, sagte denn auch Dr. Florian Reuther, Verbandsdirektor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV). Und das sei keine Frage von „niedergelassen oder angestellt“, sondern der Einstellung, so Reuther. Michael Weller, Politikchef des GKV-Spitzenverbandes, ergänzte, dass es letztlich darum gehe, „gute Versorgungsstrukturen aus Sicht des Patienten zu organisieren“ und da müsse man auch über neue Versorgungsmodelle nachdenken. Stephan Pilsinger, CSU, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages und selbst Arzt, betonte, Anspruch der Politik müsse es sein, für jede Ärzt*in die passende Art der Berufsausübung zu ermöglichen. Prof. Andrew Ullmann, FDP, ebenfalls Mediziner und Mitglied im Gesundheitsausschuss, plädierte dafür, statt über das Wo und Wie der Berufsausübung zu diskutieren, zunächst die großen „Unwuchten“ im System zu beheben.
Wenig Grund zum Streiten gab es für die beiden Streitgesprächs-Kontrahenten, Dr. Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer und Dr. Kevin Schulte, Mitinitiator und Sprecher des Bündnis Junge Ärzte. Dr. Ellen Lundershausen sprach sich dafür aus, „dass es alle Facetten in der Berufsausübung geben darf, sofern sich der Arzt an die Kriterien der Freiberuflichkeit hält.“ Dr. Kevin Schulte stellte fest, dass vielleicht einige seiner jungen Kolleginnen und Kollegen mit dem Begriff der Freiberuflichkeit nichts mehr anfangen könnten – schließlich werde er ja nicht an der Uni gelehrt – „die gefühlte Freiberuflichkeit ist jedoch sehr weit vertreten! Wir nennen es zwar nicht so, fühlen es aber.“
Den meisten jungen Ärzt*innen gehe es in erster Linie darum, ihre Patienten gut behandeln, ist sich Schulte sicher. Oft würden sie allerdings mit der Frage, wie dies unter den Bedingungen eines gedeckelten Budgets zu meistern sei, allein gelassen. Letztlich müsse das Spannungsverhältnis zwischen bestmöglicher Versorgung und ökonomischen Zwängen aufgelöst werden „sodass ich als Arzt für meine Patienten da sein kann, ohne, dass ich Probleme mit einer Entscheidung bekomme, die ich im Sinne des Patienten treffe.“ Hierfür gelte es, die Rahmenbedingungen zu schaffen und zu bewahren, so das Resümee Schultes.
„Ökonomische Zwänge hat jeder Arzt. Spätestens, wenn man seine eigene Praxis aufmacht, muss man wirtschaftlich mit den Ressourcen umgehen…
Der ALM e.V. stößt auf seiner Fokusveranstaltung am 04.11.2019 eine breite Debatte zum Thema an
Abb. 1. Wertschätzung der Bedeutung der jungen Generation; Weiterbildung im Labor (Gute WBA-Quote/Anteil der Facharztanerkennungen an der Gesamtgruppe; WB Labormedizin und WB Mikrobiologie prozentual gut repräsentiert: Medizin im Labor als attraktiver Bereich für die ärztliche Tätigkeit)
Quelle: Ärztestatistik BÄK/KBV
Abb. 2. Labore in Deutschland: Die Flächendeckende Versorgung der Patienten mit Labormedizin und Mikrobiologie ist durch die Facharztlabore gesichert.
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